Donnerstag, 6. Juli 2006

Was ist, wenn alle mitmachen?

Hallo zusammen,

wie ihr merkt, komme ich derzeit nicht zum Schreiben, auch weil ich momentan kaum U-Bahn fahre (Fahrrad reicht zur neuen Arbeitsstelle) Daher meine Idee: Was haltet ihr davon, dass theoretisch jeder hier mitschreiben kann. So könnte jeder seine Erlebnisse hier reinbringen?! Ich würde versuchen, dass ganze mit eurer Hilfe entsprechend bekannt zu machen.

Viele Grüße
rtk

Sonntag, 5. März 2006

Der Zug ist noch nicht abgefahren

Sobald ich wieder Zeit finde, geht es hier auch wieder weiter. Vorerst heisst es "Bitte Geduld - Zugverspätung" =)

Dienstag, 10. Januar 2006

Unter Tage

[09.01.2006, 19.30 Uhr – U2 Kaiserdamm]

Das Prozedere ist ja immer ähnlich: Einsteigen, schauen wo einigermaßen sympatische Menschen sitzen, hinspringen, Platz sichern. Geht meist auch gut. Heute stellt sich der gesicherte Platz als fiese Falle heraus (merke: Wenn in einem vollen Wagen eine Ecke seeehr leer ist, nicht hinsetzen!). Es stinkt irgendwie bestialisch nach ...wie sag ich es ...also ...ja, ja doch...ich denke man darf Ko*ze sagen. Ich denke natürlich sofort an einen terroristischen Säureanschlag, nehme Kampfhaltung ein und will Leben retten. Schnell stellt sich jedoch heraus, es waren wohl doch nur ein paar Alcopops zuviel die jemand dem U-Bahn Fußboden da gespendet hat. Wie auch immer, ich wechsle den Wagen um zu überleben. Hier scheint mal alles normal, ein Vater erklärt seinem Sohn das Alphabet anhand in die Scheiben gescratchter Buchstaben, ein altes Pärchen der Marke stilvoll (das meine ich ernst und positiv) bespricht den letzten Opernbesuch, ein paar klingelton-affine Jugendliche spielen schöne Musik und lachen, ein äußerst motivierter privater Wachdienst blickt in die Runde (Ich fände es ja sinnvoller den Wachdienst nachts einzusetzen, da fährt man in der Regel immer schutzlos durch die Gegend), sogar eine Polizeistreife durchkämmt den Waggon. Es bleibt ruhig an diesem Montag. Ich verlasse die Bahn und verschwinde in der nächtlichen Eiseskälte.

Mittwoch, 4. Januar 2006

Neues Jahr neues Glück

[04.01.2006, 20.30 Uhr – U2 Postdamer Platz]

Gut das auch im neuen Jahr manches so bleibt wie es ist, ein wenig Konstanz im Leben tut gut. Und so kommt erst der MOTZ Verkäufer (man verzeihe mir, wenn es doch Strassenfeger oder Stütze war) vorbei bei dem der Hund rührselig das Heft im Maul präsentiert (knuffig und wie man beobachten kann auch kundenbringend, ich selbst find es kreativ und fair den Hund mit einzubinden, immerhin will er ja auch was fressen), dann folgt ein Urgestein der Berliner U-Bahn, ein Klassiker, ein Gott der gelben Gondeln. Ja, ich rede vom "Ansager" - Klar dass in einer Großstadt ein paar verpeilte Leute rumlaufen, die meisten davon machen mir Angst. Nicht so "Der Ansager" - Ein sympathischer Verpeiler älteren Kalibers. Er kennt absolut jede Station, rattert professionell die Ansagen wie "Nach Ruhleben einsteigen bitte" herunter und kennt sogar aktuelle Baustellensituationen: "Zwischen Klosterstraße und Alexanderplatz benutzen Sie bitte den Bus Ersatzverkehr" - herrlich! Im Zeitalter der Maschinisierung, ja der Arbeitsplatzvernichtung, freut man sich über eine real menschliche Ansage im Wagon. Überhaupt ist die U-Bahn reichlich kommunikativ. Man kann im U-Bahn TV (ist das pervers?) die digitalisierte B.Z. lesen (der von hier!), man kann live holländisch lernen, wenn laute Touristen durch den Wagen brüllen, man kann sich von "Peter", der schon 2 Jahre auf der Straße lebt eine Zeitung verkaufen lassen, die Möglichkeiten sind unerschöpflich. Wenn man nicht gerade in einem BVG Bus ermodet wird (so letztens geschehen in unserer schönen Stadt - Und am Ende regen sich Datenschützer auf, dass man doch Mörder nicht filmen darf!) kann die Benutzung unserer Verkehrsmittel sogar Spaß machen. Man muss halt die vielen kleinen Stolpersteine (Signalstörung wenn die S1 im Tunnel hinterm Anhalter Bahnhof steht, Stromausfall am Kaiserdamm mit Evakuierung der Fahrgäste, ein kleiner Kabelbrand) mit Humor sehen und das beste draus machen. Guten Abend.

Freitag, 9. Dezember 2005

Weihnachtsk(r)ampf

[08.12.2005, 20.30 Uhr – U2 Ruhleben]

Kalter Winterabend. Nahezu vermummt drängle ich mich am Saturn/Alexanderplatz entlang. Normalerweise wird in unserem Land alles genau vermessen und genehmigt. Nur zwischen Saturn-Fassade und Bauzaun soll man mit einem knappen Meter im Fußgänger-Weihnachtskrieg hinkommen. Das gleicht schon fast dem TV Spiel „Sat.1 Ball“ bei dem man auf Kommando ganz schnell nach links oder rechts ausweichen muss. Große Tüte *wusch* achtung! nach links, Riesenplüschtier von rechts, vorsicht ein heißer Glühwein auf 12 Uhr. Ein Kind stürzt und weint, die Mutter zieht es notdürftig am Arm weiter und sagt „Hab dich nicht so“. Ja ja, der Deutsche wärmt sich am Eisblock oder so ähnlich. Nach dem Tütenkampf schaffe ich es gerade so in die U2 zu springen (wollte ich ja eigentlich nicht mehr machen, siehe unten) und einen Platz zu ergattern. Neben mir unterhalten sich zwei eindeutig betrunkene Fahrgäste angeregt mit einem älteren Touristenehepaar. Die beiden Jugendlichen sind nicht mal unangenehm sondern erklären leicht lallend aber freundlich die Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt. Der eine ist stolz, dass er bald in einem Gebäude der Deutschen Bahn arbeiten wird, der andere freut sich auf eine Diskothek namens Ku(h)dorf. Ich glaube das ist da wo immer halbnackte Gogo-Tänzerinnen den Abend begleiten. Kurz überlege ich mich spontan einzuladen, aber nein. Ein Verkäufer für Straßenzeitungen kreuzt meinen Weg. Vor ihm sein Hund der das Magazin mit traurigen Augen in seinem Maul trägt und den Kunden präsentiert. Das ist zuviel. Auch wenn man sich sonst bemüht möglichst emotionslos in der Bahn zu sitzen und wie eine Statue zu wirken, dieses mal macht sich Mitgefühl in mir breit. Ich kann nicht anders als dem jungen Mann 50 Cent zu geben. Immer geht das freilich nicht, aber es ist ja Weihnachten und jeden Tag eine gute Tat und überhaupt. Viel gibt es heute auch nicht zu berichten. Plötzlich bin ich auch schon am Ziel meiner Reise. Jetzt wieder vermummen und ab nach Hause.

Mittwoch, 7. Dezember 2005

Das nette Paar

[06.12.2005, 18.00 Uhr - U5 Elsterwerdaer Platz]

Es ist ein ruhiger Abend. Der U-Bahnhof gleicht einem Geisterbahnhof, keine Menschen, etwas weißer Nebel und das Geräusch der Großstadt in der Ferne. Ich steige ein. Mir gegenüber sitzt ein junges Paar, nett sehen sie zusammen aus. Sie unterhalten sich recht laut, sie freut sich auf den Abend sagt sie, aufs Kuscheln! Seine Augen leuchten. Ich glaube er hat gemerkt, dass ich das gehört habe und fast schon siegessicher schaut er zu mir herüber. Leider (für ihn leider) bin ich jedoch gerade Zeuge eines der großen Missverständnisse zwischen Mann und Frau geworden. Ich erinnere mich an das Ansichtsexemplar "Mann-Deutsch, Deutsch-Mann" was ich letztens beim Weihnachtseinkauf in einer Buchhandlung durchblätterte. In der Rubrik Sex stand: Wenn er sagt "Gefällt dir das?" dann meint er "Wie lange muss ich dir noch ins Ohr pusten?" So ähnlich verhält es sich auch mit dem Kuscheln. Sie sehnt sich nach Zärtlichkeit an deren Ende nicht unbedingt ein wildes Miteinander steht. Kuscheln eben. In seinem Kopf bleiben dagegen aus dem Wort nur S und E hängen und das X wird im eigenen Überschwang einfach drangehängt. Aber es geht uns (Männern) ja allen so. Geht es doch, oder? Was lernen wir? Nicht immer stimmen hier die Meinungen über ein und die selbe Sache überein. Das Paar steigt aus (wie wohl ihr Abend aussieht?), zwei Damen Anfang 20 setzen sich auf den gleichen Platz. Ich komme mir vor wie der Kundenberater einer Privatbank. Alle 7 Minuten sitzen mir zwei neue Menschen gegenüber und präsentieren mir (meist unfreiwillig) ein Stück Lebensgeschichte. Ich liebe es! (Muss ich jetzt Geld an MC Donalds zahlen?) Ich merke heute, dass so eine U-Bahnfahrt reichlich Fragen fürs eigene Leben aufwirft.

Mittwoch, 30. November 2005

Umzug

[29.11.2005, 18.00 Uhr - U2 Ruhleben]

Heute ist Umzug. Sie haben richtig gelesen. Mit einer U-Bahn kann man umziehen. Zwei Männer in Trainingshosen im edlen Nylonlook heben wie selbstverständlich eine Couch in die U2 und verzurren sie sachgemäß. Kurz bevor sich die Türen schließen, springt noch eine junge Frau mit Kind und einer Kiste im Arm hinzu und komplettiert die Umzugs U-Bahn. Ich überlege ob es sich lohnt eine Umzugsfirma zu gründen, die ausschließlich mit der U-Bahn zusammenarbeitet. So fielen keine Kosten für Fuhrpark und Kraftstoff an. Aber da die gelben Züge ja nur bedingt an jeder Hausnummer halten verwerfe ich diesen Gedanken schnell wieder. Sonst ist es heute fast angenehm in der Bahn, ein paar spanische Touristen reden soviel und laut, dass fast mediterrane Stimmung aufkommt, jetzt würde ich mir die Musikmafia mit dem Akkordeon wünschen, Stimmung! So aber verflüchtigen sich die leicht hektischen Spanier am Zoologischen Garten. Ich muss weiter, Richtung Alexanderplatz (Der Fernsehturm wird in ein paar Wochen wie ein Fußball leuchten, wow!). Am Alex kann ich dann endlich wieder Labyrinth spielen. Was sind wir als Kinder nicht in die Maisfelder gerannt um zu sehen wie man wieder heraus kommt. Das Gleiche kann man auch im Bahnhof Alexanderplatz spielen. Zwischen den vielen Holzdielen verraten kleine Schilder (teilweise handschriftlich U2, U5) auf die nächste Etappe. Jetzt nur noch am Wachmann mit Hund vorbei (vorsicht, nicht auf den Hund treten), ein Sprung über die Punks (wieder gilt: vorsicht, nicht auf den Hund treten) und dann elegant in die U5 mit Ziel Frankfurter Tor. Puh, U-Bahn ist immer auch Sport, Adrenalin und ein Funken Abenteuer. Bis bald, euer rtk

Samstag, 26. November 2005

Zurückbleiben bitte

[25.11.2005, 18.00 Uhr - U2 Ruhleben]

Es ist ein kühler Winterabend in der Hauptstadt. Die Menschen hasten in die Bahn, es herrscht ein Kommen und Gehen. Manchmal springen noch Leute mit einem gekonnten Dreisprung durch die sich schließenden Türen. Meist geht das gut, heute nicht. Eine Frau, die augenscheinlich hauptsächlich russisch spricht, ist mit ihrem Bein in der Tür hängen geblieben. Die Tür geht trotz moderner Technik nicht wieder auf, das Bein der Frau bleibt stecken. Aufstehen tut keiner, viele sehen nicht mal von ihrer Zeitung auf. Von draußen versuchen zwei Afrikaner der Frau zu helfen. Nach einiger Unsicherheit stehe ich auf und gehe auch zur Tür mit der eingeklemmten Frau. Mit mir zusammen ziehen nun 3 Männer an der Tür, die Frau stöhnt, weil das Bein langsam schmerzt. Endlich haben wir es geschafft, Bein drin, Tür zu. „Danke“ hat die Frau nicht gesagt, aber das schiebe ich jetzt mal auf den Schock, sicher hat da oben jemand meine gute Tat gesehen und vermerkt. Ich gehe davon aus, dass auch der Allmächtige heutzutage mit Datenbanken arbeitet. Was mich jedoch mehr verwundert als die stumme Dame ist die Tatsache, dass sonst niemand geholfen hat. Ich werde wohl in nächster Zeit nicht mehr durch halboffene Türen springen.

tunnelblick

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